Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Monats Juli 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

BMF: Endlich Infos zur Zusammenfassenden Meldung

2.

KSt-Pflicht bei GmbH-Vorgesellschaften ohne spätere HR-Eintragung

3.

Fristlose Kündigung im Konzern wg. Verletzung v. Überwachungspflichten

4.

Arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer steuerbefreiter Körperschaften

5.

Apotheken: Umsatzsteuerliche Risiken durch Zuzahlungen

6.

Streit um Höhe des Arbeitslohns: Beweiserleichterungen

7.

Subjektiver Fehlerbegriff bei bilanzrechtlichen Rechtsfragen

8.

Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungsgemäß

9.

Keine Unterbilanzhaftung trotz unterlassener Offenlegung

10.

Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsvertrags

11.

"Googelnde" Arbeitgeber riskieren Schadensersatzforderungen

12.

Sozialvers.pflicht GF-Tätigkeit: FA-Bindung an SV-Trägerentscheidung



1. BMF: Endlich Infos zur Zusammenfassenden Meldung

Einführung
Seit dem 1.1.2010 müssen neben innergemeinschaftlichen Lieferungen auch bestimmte innergemeinschaftliche Dienstleistungen in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) gemeldet werden. Ab dem 1.7.2010 sind hier neue Fristen zu beachten. So ist die ZM zukünftig im Regelfall monatlich abzugeben. Die Abgabe muss bis zum 25. des Folgemonats erfolgen. Die Dauerfristverlängerung für die ZM entfällt insoweit und hat nur noch Bedeutung für die Umsatzsteuervoranmeldungen. Unklar war bisher insbesondere, ob die Frist zur Abgabe der ZM für das II. Quartal 2010 sich schon gemäß der Neuregelung bestimmt oder nicht.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hat hinsichtlich der Neuregelung Klarheit geschaffen. Ein aktuelles Schreiben erläutert die Abgabemodalitäten sowie die Fristenregelung.

Konsequenz
Die dringlichste Frage vorweg. Hinsichtlich der Abgabefrist für das II. Quartal 2010 verbleibt es noch bei der bisherigen Regelung. Die Abgabe hat danach, sofern eine Dauerfristverlängerung vorliegt, bis zum 10.8.2010 zu erfolgen, ansonsten bis 10.7.2010. Ab Juli greift die Neuregelung. Hier ist zunächst zu klären, ob die Abgabe monatlich oder quartalsweise erfolgen muss. Zu beachten ist, dass die monatliche Abgabe nur innergemeinschaftliche Lieferungen betrifft, sofern deren Bemessungsgrundlagen für das laufende Quartal oder für eines der 4 vorherigen Quartale jeweils mehr als 100.000 EUR (ab 2012: 50.000 EUR) beträgt. Wird diese Grenze nicht überschritten, kann die ZM quartalsweise abgegeben werden; dies gilt für innergemeinschaftliche Dienstleistungen grundsätzlich. Wer verpflichtet ist, seine innergemeinschaftlichen Lieferungen monatlich zu melden, soll seine innergemeinschaftlichen Dienstleistungen im letzten Monat des Quartals melden. Alternativ hierzu können diese auch im jeweiligen Monat gemeldet werden, was i. d. R. einfacher sein dürfte. Zu berücksichtigen ist ferner, dass mit Überschreiten der Grenze in einem Quartal die monatliche Abgabe schon in diesem Quartal greift, so dass die Entwicklung der Umsätze insofern beachtet werden muss. Da die Nicht-Beachtung der Meldepflichten mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden kann und zudem regelmäßig Prüfungen der Finanzverwaltung nach sich zieht, sollten die betroffenen Unternehmer das Schreiben aufmerksam studieren.


2. KSt-Pflicht bei GmbH-Vorgesellschaften ohne spätere HR-Eintragung

Kernaussage
Eine GmbH-Vorgesellschaft, die später nicht als GmbH eingetragen wird, ist nicht körperschaftsteuerpflichtig.

Sachverhalt
Die klagende GmbH schloss 1991 mit weiteren Personen einen notariellen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer neuen GmbH; diese übernahm den Speditions- und Fuhrbetrieb der Klägerin und wurde zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Mit der Klägerin wurde ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. 1993 übertrugen die Mitgründer ihre Anteile auf die Klägerin. Die GmbH i. Gr. übertrug ihrerseits den gesamten Geschäftsbetrieb auf eine andere Gesellschaft und stellte die operative Tätigkeit ein. Das Registergericht verlangte später für die Eintragung in das Handelsregister eine Erlaubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz; daraufhin zog die GmbH i. Gr. ihren Antrag zurück. Das beklagte Finanzamt kam bei einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, die GmbH i. Gr. sei eine Personengesellschaft und das Organschaftsverhältnis nicht anzuerkennen. 1998 wurde das Eintragungsverfahren wieder aufgenommen, der Geschäftsgegenstand geändert und die GmbH i. Gr. eingetragen. Dennoch hob der Beklagte die ergangenen Körperschaftsteuerbescheide auf und stellte die Einkünfte der GmbH i. Gr. für die Zeit bis zum Ausscheiden der Mitgründer gesondert und einheitlich fest. Einspruch und Klage gegen die Feststellungsbescheide blieben in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die GmbH i. Gr. war als Vorgesellschaft, die später nicht eingetragen wurde, nicht körperschaftsteuerpflichtig. Eine Vorgesellschaft ist als solche in § 1 KStG als körperschaftsteuerpflichtiges Subjekt nicht genannt. Die Vorschrift setzt darüber hinaus die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft voraus. Eine Vorgesellschaft ist zwar ein Rechtsgebilde mit eigenen Rechten und Pflichten, aber keine umfassend rechtsfähige juristische Person; diese entsteht erst mit der Eintragung ins Handelsregister. Setzen die Gründer ihre werbende Tätigkeit nach Wegfall der Eintragungsabsicht fort, haften sie von Anfang an wie bei einer Personengesellschaft gesamtschuldnerisch. Das Einkommen der Vorgesellschaft wird unmittelbar durch die Gründer versteuert. Das Ergebnis geht konform mit der bisherigen ständigen BFH-Rechtsprechung, dass die Einkünfte einer Vorgesellschaft als körperschaftsteuerpflichtig angesehen werden, wenn die Eintragung nachfolgt, weil die Vorgesellschaft mit der Eintragung in der GmbH aufgeht.

Fazit
Selbst die zivilrechtliche Einordnung einer Gesellschaft zur Rechtform der Kapitalgesellschaft kann keine Körperschaftsteuerpflicht begründen. Das Zivilrecht ist lediglich maßgeblich dafür, ob eine der in § 1 KStG genannten Gesellschaften vorliegt.


3. Fristlose Kündigung im Konzern wg. Verletzung v. Überwachungspflichten

Kernaussage
Dem Geschäftsführer der Muttergesellschaft obliegt die Überwachung der Tochtergesellschaften. Eine Verletzung dieser Pflicht begründet eine fristlose Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages.

Sachverhalt
Der Kläger war als Geschäftsführer der Beklagten tätig. Daneben nahm er die Geschäftsführung neben dem weiteren Geschäftsführer Herrn A in den beiden Tochtergesellschaften der Beklagten wahr. An diesen Tochtergesellschaften bestand eine mehrheitliche Beteiligung der Beklagten (über 50 %). Im Rahmen eines von der Beklagten beauftragten unabhängigen Gutachtens konnten Fehl- und Scheinbuchungen bei einer Tochtergesellschaft festgestellt werden. Nach Erhalt des Prüfungsberichts kündigte die Beklagte den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des Klägers fristlos. Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung.

Entscheidung
Die Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Der Kläger hat seine Pflichten als Geschäftsführer in einer Weise verletzt, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Aufgrund der mehrheitlichen Beteiligung der Beklagten an den Tochtergesellschaften, wird ein sog. faktischer Konzern begründet. Im Konzern obliegt den Geschäftsführern der Muttergesellschaft die Überwachung der Tochtergesellschaften. Der Kläger hätte demnach ein Kontrollsystem zur Unterbindung von Scheinrechnungen einrichten müssen. Des Weitern besteht bei mehreren Geschäftsführern eine wechselseitige Überwachungspflicht, so zumindest bei grundlegenden Pflichten. Durch Unterlassen hat der Kläger diese Pflichten verletzt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt erst mit der Vorlage des vom Gutachter erstellten Prüfungsberichtes zu laufen.

Konsequenz
Der Geschäftsführer einer Muttergesellschaft muss ein geeignetes Kontrollsystem einrichten um der Konzernüberwachungspflicht zu genügen. Ferner können sich Geschäftsführer hinsichtlich der Erfüllung buchhalterischer und bilanzieller Verpflichtungen nicht auf eine eingeschränkte Ressortverantwortung stützen.


4. Arbeitsteiliges Zusammenwirken mehrerer steuerbefreiter Körperschaften

Kernproblem
Der Gesetzgeber begünstigt Körperschaften, die nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienen. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, der kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb ist, unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Fraglich ist, ob durch eine Personalüberlassung ein Zweckbetrieb begründet werden kann.

Sachverhalt
Eine gemeinnützige GmbH hat mit bei ihr angestellten Mitarbeitern entwicklungsgestörte und behinderte Jugendliche, die in 2 Stiftungen untergebracht waren, in Abend- und Nachtdiensten betreut und therapeutisch gefördert. Die GmbH ist eine Tochtergesellschaft der beiden Stiftungen. Bis zur GmbH-Gründung waren die Abend- und Nachtdienste von den beiden Stiftungen selbst wahrgenommen worden.

Entscheidung
Nach Ansicht des BFH liegt kein Betrieb der Wohlfahrtspflege vor. Die GmbH hat ihre Leistungen gegenüber den beiden Stiftungen erbracht und nicht unmittelbar gegenüber den in § 53 AO genannten Personen. Es könnte jedoch ein Zweckbetrieb nach der allgemeinen Definition in § 65 AO vorliegen. Zur Entscheidung hierüber reichen die bisherigen Feststellungen der Vorinstanz nicht aus; aus diesem Grund hat der BFH den Sachverhalt an das Finanzgericht zurückverwiesen. Zu klären wird sein, ob die GmbH ihre Arbeitskräfte den Stiftungen für steuerbegünstigte Zwecke gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat. Insoweit liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Hat die GmbH mit der Tätigkeit zugleich eigene satzungsmäßige Zwecke verwirklicht, kann ein Zweckbetrieb vorliegen. Die GmbH muss selbstständig und eigenverantwortlich entwicklungsgestörte und behinderte Personen betreuen. Die Einbindung auch in die Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke der beiden Stiftungen ist dann nicht schädlich.

Konsequenz
Im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts ist sorgsam darauf zu achten, dass dessen beide Säulen tragfähig sind. Mit einer ordnungsgemäßen Satzung muss auch die sog. tatsächliche Geschäftsführung in Einklang stehen.


5. Apotheken: Umsatzsteuerliche Risiken durch Zuzahlungen

Einführung
Geben Apotheken Medikamente an gesetzlich Versicherte ab, so erfolgt die Abrechnung üblicherweise gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse, abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung. Was einfach klingt, birgt erhebliche umsatzsteuerliche Risiken, wenn bei der Abrechnung nicht die Vorgaben des UStG beachtet werden.

Rechtslage
Empfänger der Leistung der Apotheke ist umsatzsteuerlich nicht der Patient, sondern die Krankenkasse. Die Zuzahlung des Patienten stellt Entgelt von dritter Seite für die Lieferung des Medikaments durch die Apotheke an die gesetzliche Krankenkasse dar. In der Abrechnung der Zuzahlung ist die gesetzliche Krankenkasse als Leistungsempfänger anzugeben. Geschieht dies nicht, so schuldet die Apotheke zweimal die Umsatzsteuer. Einmal für ihren tatsächlichen Umsatz an die gesetzliche Krankenkasse und zum anderen, da sie die Umsatzsteuer zu Unrecht gegenüber dem Versicherten ausgewiesen hat. Dabei ist es vollkommen unerheblich, dass der Versicherte in der Regel nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF weist aktuell nochmals ausdrücklich auf die Rechtslage hin. Ergänzend stellt das BMF dar, dass Rechnungen über Zuzahlungen regelmäßig Kleinbetragsrechnungen darstellen, da sie 150 EUR nicht überschreiten. Fehlt hier der Hinweis auf die gesetzliche Krankenkasse als Leistungsempfänger ergibt sich keine zusätzliche USt-Schuld, da diese Angabe bei Kleinbetragsrechnungen keine Pflicht ist. Sofern die Zuzahlung 150 EUR übersteigt, kann durch den Zusatz auf der Rechnung "Leistungsempfänger ist die Krankenkasse; diese Rechnung berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug" ebenfalls das Entstehen einer zusätzlichen USt verhindert werden.

Konsequenz
Das Schreiben des BMF ist nicht nur von Apotheken zu beachten, sondern betrifft alle Unternehmer, die Zuzahlungen erhalten (z. B. Hörgeräteakustiker, Augenoptiker, Orthopädie-Techniker). Entscheidend für die Verhinderung des unberechtigten Ausweises von USt in diesen Fällen ist alleine, dass die Abrechnung über die Zuzahlung so gestaltet ist, dass sie dem Versicherten einen Vorsteuerabzug nicht ermöglicht. Hierfür reicht es neben der vom BMF aufgeführten Lösung z. B. auch aus, wenn auf einen Ausweis der Umsatzsteuer bzw. des Umsatzsteuersatzes bei Kleinbetragsrechnungen verzichtet wird.


6. Streit um Höhe des Arbeitslohns: Beweiserleichterungen

Kernfrage/Rechtslage
Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich abgeschlossen werden, was in der Praxis - gerade bei Aushilfen - nicht unüblich ist. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall aber einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass die Kernkonditionen, insbesondere die Höhe des Arbeitsentgeltes, schriftlich fixiert bzw. vom Arbeitgeber schriftlich bestätigt werden. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte nunmehr darüber zu entscheiden, welche Konsequenzen es bei einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag fehlt bzw. der Arbeitgeber seiner Pflicht zur schriftlichen Fixierung nicht nachgekommen ist.

Entscheidung
Nach einer Kündigung 2 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses stritten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer um ausstehende Lohnzahlungen. Dabei machte der Arbeitnehmer geltend, er sei auf der Basis eines Stundenlohns von 10 EUR netto zu entlohnen, wohingegen der Arbeitgeber behauptete, es sei lediglich ein Stundenlohn von 10 EUR brutto vereinbart gewesen. Der Rechtsstreit wurde im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes geführt und vom Arbeitnehmer gewonnen. Das Gericht ging davon aus - und durfte dies auch -, dass die Parteien einen Stundenlohn von 10 EUR netto vereinbart hatten. Zwar sei die Höhe des Stundenlohnes streitig, zugunsten des Arbeitnehmers wirkten aber Beweiserleichterungen, da es zu dem Streit über die Lohnhöhe nur gekommen sei, weil der Arbeitgeber gegen seine Pflicht verstoßen habe, dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsnachweis mit der Angabe des vereinbarten Entgelts zu erteilen. Die mit dem Verstoß verbundenen Nachteile habe der Arbeitgeber zu tragen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Notwendigkeit schriftlicher Arbeitsverträge. Existiert ein solcher nicht, kommen dem Arbeitnehmer erhebliche Beweiserleichterungen zugute, denn die Beweislast liegt alleine beim Arbeitgeber. Im einstweiligen Rechtschutz bedeutet dies, dass ohne Weiteres der Arbeitnehmervortrag als richtig unterstellt werden kann.


7. Subjektiver Fehlerbegriff bei bilanzrechtlichen Rechtsfragen

Kernaussagen
Eine beim Finanzamt eingereichte Steuerbilanz kann nur dann geändert werden, wenn sie fehlerhaft ist. In diesem Fall darf eine fehlerhafte Bilanz(-position) durch eine richtige ersetzt werden. Bisher gilt für die Beurteilung, ob eine Bilanz/Bilanzposition fehlerhaft ist, ein subjektiver Maßstab. Maßgeblich ist demnach der Kenntnisstand des ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes zum Bilanzstichtag. Bei ungeklärten bilanzrechtlichen Zweifelsfragen hat die bisherige Praxis zur Folge, dass sowohl der Bilanzierende als auch das Finanzamt an die eingereichte Bilanz gebunden sind, da diese auch dann subjektiv richtig bleibt, wenn sich später aufgrund der BFH-Rechtsprechung zeigt, dass objektiv ein Fehler vorlag.

Vorlagebeschluss
Der I. Senat des BFH hat dem Großen Senat die Frage vorgelegt, ob bei ungeklärten bilanzrechtlichen Rechtsfragen der objektive Fehlerbegriff anzuwenden ist. Die Antwort des Großen Senats darf mit Spannung erwartet werden, ist diese Frage doch von elementarer Bedeutung für die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschriften zur Bilanzberichtigung. Die Konsequenzen für den Steuerpflichtigen sind je nach Situation im Einzelfall für ihn positiv oder negativ, wenn eine Bilanz einer Berichtigung zugänglich oder nicht zugänglich ist. Klar ist jedoch, dass bei Zugrundelegen des objektiven Fehlerbegriffes bei bislang ungeklärten bilanzrechtlichen Fragestellungen Bilanzen grundsätzlich berichtigungsfähig sind, wenn eine einschlägige BFH-Rechtsprechung folgt. Relevanz dürfte die Beantwortung des Vorlagebeschlusses über die Anwendung des objektiven Fehlerbegriffes dann aber wohl auch für die Situationen bekommen, in denen es zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung des BFH kommt.


8. Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungsgemäß

Kernaussage
Die Gebühr für die verbindliche Auskunft ist sowohl der Sache nach als auch der Höhe nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Sachverhalt
Durch das Jahressteuergesetz 2007 wurde erstmals die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte des Finanzamtes eingeführt. Die Gebühr fällt danach an, wenn die beantragte Auskunft erteilt wird, wenn die Erteilung einer verbindlichen Auskunft abgelehnt oder der Antrag zurückgenommen wird. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Wert, den die Auskunft für den Antragsteller hat. Dieser Gegenstandswert wird ermittelt, indem der Steuerbetrag, der bei Anwendung der Rechtsauffassung des Antragstellers entstehen würde, dem Steuerbetrag gegenübergestellt wird, der entstehen würde, wenn die Finanzbehörde eine abweichende Rechtsauffassung vertritt. Der Kläger wandte sich gegen einen Gebührenbescheid für eine verbindliche Auskunft. Er vertrat die Auffassung, dass der Staat wegen der Komplexität des geltenden Steuerrechts verpflichtet sei, verbindliche Auskünfte gebührenfrei anzubieten. Eine Gebührenpflicht wäre dementsprechend verfassungswidrig.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Die Gebührenerhebung ist mit der Verfassung vereinbar. Durch die Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft entsteht zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Zudem erlangt der Antragsteller den Vorteil der Rechtssicherheit. Dies rechtfertigt die Gebührenpflicht. Gegen die Gebührenhöhe bestehen gleichfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Konsequenz
Der Gegenstandswert beträgt mindestens 5.000 EUR und ist nach oben auf 30 Mio. EUR begrenzt. Entsprechend betragen die Gebühren mindestens 121 EUR und höchstens 91.456 EUR. Ob auch die Höchstgebühr verfassungsgemäß ist, bleibt abzuwarten.


9. Keine Unterbilanzhaftung trotz unterlassener Offenlegung 

Kernaussage
Eine Unterbilanzhaftung wegen unterlassener Offenlegung der "wirtschaftlichen Neugründung" einer Vorrats-GmbH scheidet aus, wenn das Stammkapital vollständig eingezahlt und bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit unverbraucht vorhanden ist, entschied das Kammergericht entgegen dem OLG München.

Sachverhalt
Die Beklagen haben im Oktober 2005 eine Vorrats-GmbH von einem gewerblichen Verkäufer von Vorratsgesellschaften erworben. Ein Wechsel der Geschäftsführung und eine Firmenänderung wurden dem Registergericht angezeigt. Zudem war aus den dem Registergericht eingereichten Vollmachtsurkunden ersichtlich, dass die Geschäftsanteile veräußert worden sind und die Verkäufer den unverbrauchten Bestand des Stammkapitals garantierten. Im weiteren Verlauf wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter von den Beklagten Zahlung der zur Tabelle festgestellten Forderungen von rund 5.000 EUR. Unter Hinweis auf bestrittene Forderungen in Höhe von rund 380.000 EUR begehrt er zudem die entsprechende Feststellung der Zahlungsverpflichtung der Beklagten.

Entscheidung
Das LG gab der Klage statt. Das Kammergericht wies sie ab. Die Revision ist zur Zeit beim BGH anhängig. Nach Auffassung des Kammergerichts kommt eine Unterbilanzhaftung wegen der unterlassenen Offenlegung der "wirtschaftlichen Neugründung" nicht in Betracht, da das in der Satzung vorgesehene Stammkapital der Gesellschaft vollständig eingezahlt und bei Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit noch unverbraucht vorhanden war. Ungeachtet verfassungsrechtlicher und rechtsdogmatischer Bedenken, spricht gegen die Haftung der Beklagten, dass die der Sicherung der realen Kapitalaufbringung dienenden Gründungsvorschriften im Oktober 2005 jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig gewahrt wurden. Die Gläubiger können aufgrund registerrechtlicher Versäumnisse der Beklagten nicht besser gestellt werden, als sie stünden, wenn die zu ihrem Schutz vom BGH statuierten Offenbarungspflichten gewahrt worden wären.

Konsequenz
Bis zur höchstrichterlichen Entscheidung, welche materiellen Rechtsfolgen die Versäumnis der o. g. Offenbarungspflichten hat, bleibt auf die Gefahren einer Mantelverwendung nochmals hinzuweisen.


10. Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Anstellungsvertrags

Kernaussage
Die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ist wirksam, wenn der Geschäftsführer bestimmte Arbeitnehmer mit Sonderzuwendungen bedenkt, die diese nach ihren Arbeitsverträgen nicht beanspruchen können.

Sachverhalt
Der Kläger und eine weitere Person sind die alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten. Unstreitig gewährte der Kläger 3 Mitarbeitern in den Jahren 2001, 2004 und 2005 wegen geleisteter Mehrarbeit jeweils eine Sonderzuwendung durch Sachleistungen. Der letzte Vorgang wurde zudem dadurch verschleiert, dass keine gesonderte Rechnung an die Beklagte gerichtet wurde. Am 6.6.2005 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten die fristlose Kündigung des bestehenden Vertragsverhältnisses mit dem Kläger. Am selben Tag sprach der weitere Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung aus. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sowie der zugrunde liegenden Beschlussfassung.

Entscheidung
Das LG gab der Klage statt. Das OLG wies sie ab. Die Anfechtungsklage sei unbegründet, da die Gesellschafterversammlung zu Recht den Ausspruch der fristlosen Kündigung beschlossen habe. Der Kläger hat gegen seine Pflichten als ordentlicher Geschäftsführer verstoßen, indem er den weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer nicht über die besonderen Sachzuwendungen informierte. Um eine drohende Benachteiligung weiterer Arbeitnehmer zu verhindern und eine einheitliche Handhabung gewährleisten zu können, hätte es dieser Information bedurft. Nach dem bestehenden Arbeitsvertrag der bedachten Mitarbeiter bestand kein Anspruch auf die Sonderzuwendungen, auch existierte kein entsprechender Gesellschafterbeschluss. Infolge dessen erfolgten die Zuwendungen ohne Rechtsgrund. Eine Abmahnung sei entbehrlich, da eine entsprechende Schutzbedürftigkeit nur für abhängig Beschäftigte anzuerkennen sei. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginne erst zu laufen, wenn der maßgebliche Sachverhalt einer Gesellschafterversammlung unterbreitet und der Betroffene zu den Vorwürfen angehört wird und sich erklären kann. Das Kündigungsrecht ist nur für den Vorfall im Jahr 2001 verwirkt, da insoweit das Zeitmoment erfüllt sei. Die fristlose Kündigung sei im Sinne einer Annex-Kompetenz zu § 46 Nr. 5 GmbHG von der Gesellschafterversammlung auszusprechen.

Konsequenz
Vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Rahmen des Arbeitsrechtes erlangen derartige Sonderzuwendungen besonderes Gewicht, zumal sich diese auch auf die Gewährung von freiwilligen Sonderzahlungen des Arbeitgebers erstrecken.


11. "Googelnde" Arbeitgeber riskieren Schadensersatzforderungen

Einführung
Der Arbeitgeber ist daran interessiert, möglichst viele Informationen über einen Bewerber zu erfahren, auch über persönliche Verhältnisse. Die Grenze stellt hierbei das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers dar. In der Rechtsprechung hat sich eine umfangreiche Kasuistik dazu herausgebildet, welche Fragen bei Einstellungsgesprächen und in Einstellungsfragebögen zulässig sind. So werden Fragen zur Gewerkschafts-, Religions- und Parteizugehörigkeit, zu einer geplanten Heirat und zur Schwangerschaft grundsätzlich als unzulässig beurteilt. Unzulässige Fragen darf der Bewerber ohne rechtliche Konsequenzen wahrheitswidrig beantworten. Darüber hinaus kann sich der Arbeitgeber durch Überschreiten der Grenzen des Fragerechts unter Umständen gegenüber dem Bewerber schadensersatzpflichtig machen. Unklar ist bislang die Frage, inwieweit der Arbeitgeber Informationen verwerten darf, die außerhalb seines "Fragerechts" liegen, die er aber aus öffentlich zugänglichen Unterlagen ohne besondere Anstrengung erlangen kann.

Rechtliche Beurteilung
Nach einer Auffassung in der Literatur habe ein rechtswidrig "gegoogelter" Stellenbewerber auch Rechte, die mitunter einen Schadensersatzanspruch begründen könnten. Danach gelte in einem solchen Fall der im Bundesdatenschutzgesetz normierte "Grundsatz der Direkterhebung". Eine Rechtfertigung des Arbeitgebers für eine Datenerhebung "hinter dem Rücken" des Bewerbers komme nicht in Frage. Auch ein Rückgriff auf das vom Grundgesetz garantierte Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen unterrichten zu dürfen, rechtfertige kein "Googeln" des Bewerbers. Wer sich in ein "Anbahnungsverhältnis" begebe, müsse sich darauf verlassen können, dass diese quasi-vertragliche Beziehung den Rahmen zulässiger Datenerhebung umreiße. Ein Rückgriff auf andere Quellen würde sich vom gemeinsamen Willen des Bewerbers und des potentiellen Arbeitgebers entfernen. Könne ein Bewerber nachweisen, dass der Arbeitgeber ihn gleichwohl "gegoogelt" habe, stelle dies eine vorvertragliche Pflichtverletzung dar mit der Folge, dass dem Bewerber ein Schadensersatzanspruch zustehe.

Konsequenz
Arbeitgeber sollten gerade im Hinblick auf die arbeitsrechtlichen Benachteiligungsverbote durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ihr Bewerberauswahlverfahren überprüfen und eine nachvollziehbare Dokumentation sicherstellen.


12. Sozialvers.pflicht GF-Tätigkeit: FA-Bindung an SV-Trägerentscheidung

Kernaussage
Entscheidungen des zuständigen Sozialversicherungsträgers über die Sozialversicherungspflicht eines Arbeitnehmers sind im Besteuerungsverfahren zu beachten, sofern sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind.

Sachverhalt
Die Klägerin erbrachte für ihren (Minderheits-)Gesellschafter-Geschäftsführer in den Jahren 1997- 2001 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Diese Zahlungen behandelte sie als steuerfrei nach § 3 Nr. 62 EStG und unterwarf sie nicht der Lohnsteuer. Sowohl die Landesversicherungsanstalt als auch die Krankenkasse hatten die Geschäftsführertätigkeit zuvor als selbstständige Tätigkeit und damit als nicht sozialversicherungspflichtig beurteilt. Diese Entscheidungen wurden nicht angefochten. Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung wurde festgestellt, dass die Beiträge mangels sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtung der Klägerin steuerpflichtiger Arbeitslohn sind. Das beklagte Finanzamt nahm entsprechend die Klägerin nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG in Haftung. Hiergegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Der BFH wies sie ab. Die Zahlungen der Klägerin stellen Arbeitslohn dar, denn es bestand für die Klägerin keine gesetzliche Verpflichtung zur Beitragserbringung. Die Frage der gesetzlichen Verpflichtung bemisst sich dabei nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Die von den Sozialversicherungsträgern sodann getroffene Feststellung entfaltet insofern eine Bindungswirkung, als sie ein eigenes Prüfungsrecht der Finanzverwaltung und Finanzgerichtsbarkeit ausschließt. Eine Ausnahme von der Bindungswirkung kann nur bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit begründet sein. Diese Bindungswirkung ist regelmäßig Folge der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes.

Konsequenz
Vorliegend stand es der Klägerin frei, gegen die Entscheidung der Krankenkasse Widerspruch einzulegen bzw. den Sozialrechtsweg zu beschreiten, so dass die Rechtsschutzmöglichkeiten nicht vermindert waren. Aufgrund der nunmehr ausdrücklich festgestellten o. g. Bindungswirkung sollten diese Rechtsmittel stets geprüft werden.





Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de